Das Gesundheitssystem hat strukturelle und finanzielle Probleme. Das zeigt sich im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie besonders deutlich. Die traditionsreiche konservative Orthopädie und Unfallchirurgie wurden in den letzten Jahren zunehmend verlassen. Obwohl die Behandlungsergebnisse zum Teil besser oder zumindest gleichwertig sind wie die nach Operationen. Hochwertige Studien der letzten Jahre haben das deutlich gezeigt. Unter diesem Eindruck hat in Deutschland der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) schon im Jahr 2015 folgendes beschlossen. „Bestimmte arthroskopische Verfahren zur Behandlung einer Arthrose des Kniegelenks dürfen zukünftig nicht mehr zulasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden.“ Eine Deckelung der Kosten hat zu einem „Sparen durch Ressourcenverknappung“ geführt.
Lange Wartezeiten auf Operationen, die Forderung der zunehmend mündigen Patienten, selbst etwas tun zu können und die stockende Entwicklung in der pharmakologischen Schmerztherapie hat zu einer Rückbesinnung auf alte Stärken geführt. Das Wissen um die Zusammenhänge von Muskelspannung, Schmerz und Arthrose wurde von Dr. Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht neu formuliert, verständlich zu Ende gedacht und therapeutisch konsequent umgesetzt. Die Erfolge dieser Therapie haben uns bewogen ihre Effizienz und Umsetzbarkeit im klinischen Alltag wissenschaftlich aufzuarbeiten und zu testen.
Auf Basis einer Teststudie wurden am Unfallkrankenhaus Salzburg im Rahmen einer Pilotstudie 20 Patienten nach einem Behandlungsschema behandelt, das in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern verschiedener Forschungseinrichtungen entwickelt wurde. Im Mittelpunkt stand die Schmerztherapie nach Liebscher und Bracht. Erfasst wurden die VAS (Visuelle Analog Skala) in der Früh und am Abend sowie in Ruhe und Belastung, die Schmerzen vor und nach der Osteopressur, WOMAC-Knie-Score, Saletu Schlafqualität, Quality of Life und Pulsfrequenz. Die Studie hat unter der Schirmherrschaft des Ludwig-BolzmannForschungsinstitutes für Experimentelle und Klinische Traumatologie Wien die Ethikkommission der AUVA problemlos durchlaufen.
Behandelt wurden 10 Frauen und 10 Männer mit einem Durchschnittsalter von 52 Jahren (2269) mit deutlichen Knieschmerzen (VAS < 4). Die Diagnose war entweder Gonarthrose und / oder Retropatellararthrose oder einfach Knieschmerz nach frustraner OP oder unauffälligem MRI.
Am Anfang der Studie stand nach radiologischer Abklärung ein ausführliches psychologisches Gespräch zur Erarbeitung von Zeitressourcen für die täglichen Übungen. Alle Patienten wurden 3-mal von Roland Liebscher-Bracht im Sinne der Osteopressur behandelt. Die Patienten erhielten ein Studientagebuch zur Schmerz- und Pulsfrequenzerfassung. 2-mal täglich wurde ein WhatsApp versendet zur Motivation mit studienrelevanten Informationen sowie Videos zum Mitüben. Die Videos zeigten in Echtzeit die Übungen. Die Schwierigkeit der Übungen in 3 Stufen gesteigert. Mit allen Patienten wurden 2-mal pro Woche in Kleingruppen die Engpassdehnungsübungen nach Liebscher und Bracht geübt. Die Patienten erlernten die Technik der Faszienrollmassage. Ein Studientelefon stand für die Teilnehmer bei Rückfragen zur Verfügung.
Die Schmerzen nach VAS sanken in den 6 Wochen der Studie von 6,7 auf 1,2, der WOMAC Kniescore von 86 auf 17 Punkte. Das entspricht einer Reduktion von 82 bzw. 80%.
Im Schmerztagebuch wurde eine Verbesserung der Schlafqualität um 12%, eine Reduktion der Pulsfrequenz um 3% und die Reduktion der Schmerzen von durchschnittlich 70% (früh, abends, Ruhe, Belastung) dokumentiert.
Bei der Schlafqualität kam es beim frühzeitigen Aufwachen zu einer Verbesserung von 22%, beim Wiedereinschlafen nach nächtlichem Erwachen zu einer Verbesserung von 10% und bei Einschlafschwierigkeiten zu einer Verbesserung von 5%. Keine Veränderung zeigte sich bei der Schlafqualität, der Schlaftiefe, bei Durchschlafschwierigkeiten und bei schlechten Träumen. Bei dem Fragebogen Quality of Life (QOL) kam es im Durchschnitt aller Parameter zu einer Verbesserung der Lebensqualität von 20%, beim Parameter der allgemeinen Gesundheit um 40%.
Das hervorstechende Ergebnis dieser Pilotstudie ist die deutliche Schmerzreduktion nach VAS und nach dem WOMAC-Kniescore um 80 bzw. 82%, das z.B. mit Schmerzmedikamenten nicht zu erzielen ist. Die Behandlungsmethode nach Liebscher und Bracht, die sich als Schmerztherapie sieht, hat sich als hocheffizient in der Behandlung von Knieschmerzen erwiesen. Eine hohe Motivation der Patienten ist dem Umstand zu verdanken, dass nach der Osteopressur das subjektive Schmerzempfinden im Durchschnitt aller Behandlungen auf 15% des Ausgangswertes gesunken war. Dieses Ergebnis ist ein gewichtiges Argument für die Wahl der Methode nach Liebscher und Bracht in der Diskussion, ob ähnliche Ergebnisse mit anderen Methoden zu erzielen wären. Die Kombination von Methoden der Selbstmotivation (Motivationskalender) und der Fremdmotivation (WhatsApp) sowie die Möglichkeit, mit Videos in Echtzeit zu üben, haben die Patienten effizient unterstützt. Die nachhaltigste Methode zur Motivation war jedoch das Üben in der Gruppe, dessen Effekt nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Diese Pilotstudie hat uns eine Fülle an Erkenntnissen gebracht die wir in eine Arthrose-Studie einfließen lassen, die für Herbst 2020 in Zusammenarbeit von AUVA, Naturwissenschaftlicher Fakultät der Universität Salzburg, dem Ludwig-Boltzmann-lnstitut für Experimentelle und Klinische Traumatologie und der Paracelsus Medizinische Privatuniversität geplant ist. Hier steht im Besonderen die Erforschung des Mechanismus der Schmerzreduktion und die Möglichkeit der Knorpelregeneration im Fokus des wissenschaftlichen Interesses.